Am 1. Oktobermontag auf dem Bahnhof in Cottbus angelangt, wartete bereits der Früh-Zug auf mich und ich stieg ganz vorn hinein. Wagon 14, Platz 21 – kein Problem. Ich wusste jedoch nicht, dass die Wagons absteigend angeordnet waren - und so zwängte mich mit meinem Rucksack, dem Schlafsack, der Isomatte dem Rollkoffer und meinem Langstock von vorn nach hinten durch den Zug. Auf der Suche nach meinem Sitzplatz in Wagon 14 fragte ich einen fast Schlafenden, warum er auf meinem Platz säße. Er meinte nur müde ich sei in Wagon 15. Vielleicht war es noch zu früh zum Denken … Nein. – Die Macht des Glaubens ist allgegenwärtig; mir wurde bekannt, dass es nie !! einen 13. Wagon gibt.
Nach dreimal Umsteigen und mehren Debatten um meinen Personalausweis gelangte ich dann (hungrig!) auf dem Bahnhof in Frankfurt /Main an. Ich stellte mein Gepäck an einen Pfahl und genehmigte mir ein paar Nudeln in einem beengten Asia-Imbiss.
Aus kurzer Entfernung beobachtete ich dabei zwei Personen die aufgeregt um meine Gepäckstücke herum schlichen. Na jedenfalls wollt ich nur schnell meine Nudeln aufessen, um dann meinen Anschlusszug nach Bensheim zu bekommen, als ich vernahm, wie die beiden Schleicher die Umstehenden nach dem Koffer befragten. Ich ahnte schon, dass ich mich gleich ausweisen müsste und verhielt mich zunächst passiv. Im Ergebnis entging ich wohl nur knapp den Kosten einer Evakuierung für einen Sprengstoff-Einsatz als sie zu mir kamen und ich die Sache aufklärte. Meine Nudeln wurden in der Zwischenzeit jedoch kalt.
Kurze Zeit später erreichte ich fast satt (aber zumindest „entschärft“) den Budokan und konnte am 14-Uhr-Training teilnehmen. Die Übungen, die sich thematisch mit einer Vielzahl von Kata-Anwendungen befassten, leitete Christian Lind, einer der Hauptlehrer des BSK, an.
Am Abend telefonierte ich mit meiner Familie und berichtete von meinen Erlebnissen. Irritiert von der Aufenthaltsdauer fragte mich mein 8-jähriger Sohn, warum ich denn 1 Woche brauchen würde, um den schwarzen Gürtel „abzuholen“. Ich erklärte ihm, dass „das Abholen“ alleine nicht genügen würde und vertröstete ihn damit, dass ich pünktlich zu seinem Fußballspiel am Wochenende wieder zurück sein würde.
Die Trainingswoche verlief sehr harmonisch und gut organisiert. Trainingseinheiten wurden von einem BSK-Lehrer angeleitet, die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen und Reinigungsarbeiten verteilt.
Vielen Dank an den „Cheforganisator“ Flo, der vor allem für das leibliche Wohl sorgte.
Im Training waren wir etwa 10 bis 15 Personen darunter die Dan-Träger Kai, Peter und Michael. Die Übungsgruppe, die sich mit der umfangreichen Dan-Vorbereitung befasste, bestand aus Sara, Gabi, Yanik und mir.
Die Lehrinhalte waren präzise auf das Prüfungsprogramm abgestimmt, wobei ich in Yanik einen wunderbaren Partner fand; aber auch die beiden „Mädels“ Gabi und Sara unterstützen mich bei den verschiedenen (auch theoretischen) Trainingsaspekten.
Gut in Erinnerung blieb mir auch ein spannendes Training zum Thema Randori / Bodenkampf mit Henrique Sempao und Matthias Degen. Hier benötigte man zum Ende der Trainingswoche nochmal alle Kräfte, um einigermaßen zu „commiten“ – der Native-Speaker versteht hierunter ein, ich will es mal, „überleben“ nennen.
Interessante Gespräche insbesondere mit Christian Lind zum Thema der Kraftübertragung während einer Angriffstechnik (Knock-out), oder auch der Gesichtspunkt, den Shuto-Uke bis in die Fingerspitzen zu beschleunigen, die geschichtlichen Hintergründe altgermanischer Schwertkunst und des Bogenschießens, die Rhythmusgestaltung in Kata-Kombinationen verbunden mit den Möglichkeiten an bestimmten Kata-Stellen Energie zu tanken, aber auch die psychologischen Bewältigungsstrategien in Prüfungssituationen begleiteten die jeweiligen Pausen zwischen den Übungseinheiten.
Und plötzlich stand die Dan-Prüfung bevor. Natürlich sorgte ich mich um meine Fähigkeiten und mein Können, fand aber Zuspruch von Michael aus Berlin. Er bestärkte mich mit der Sichtweise: „Du machst eine gute Übung, wenn du Dein Karate zeigst. Machst du eine Kata gern, enthält sie Deine Persönlichkeit und es ergibt sich auch eine äußere Wirkung.“. Die Kunst sei es weiterhin Haltung zu beweisen; neben den Übungsabläufen der Hauptaspekt während einer (Dan) Prüfung.
Als Fundament dienten mir die Taikyoku-KATA-Formen zu Prüfungsbeginn, die ich sicher vorzeigen konnte. Eine weitere Grundlage bildete die ruhige Übungsatmosphäre und das konkurrenzlose Miteinander der weiteren Anwärter zum 1. Dan - Sara, Gabi und Yanik.
Beginnend mit meinen ersten Schritten aus Kindheitstagen in den Jahre 1992 und 1993 fing ich im Jahr 2004 wieder mit dem Karate an und legte am 05.10.18 nach ca. 16 Jahren Übung in nur etwas über drei Stunden meine Prüfung zum 1. Dan ab.
Nach der Urkundenübergabe feierten wir mit Pizza, Gin und Sekt, den ich vorsichtshalber eingepackt hatte, unseren „Sieg“. Richtigerweise ließen es die Kyu-Prüflinge langsamer angehen, da es Folgetag auch für sie ernst werden sollte.
Natürlich lieferten die Prüflinge vom BSK, sowie die später angereisten Cottbuser Fabian, Kate und Melanie dann auch eine sehenswerte Prüfung ab.
Es war vorgesehen, dass ich die Bewertung Cottbuser Schüler vornehmen sollte bzw. unterstützte mich Mathias Aust in vielen Punkten. Ich möcht an dieser Stelle allen Prüflingen gratulieren und erinnere mich auch gern an die wunderbare Buffetgestaltung, der ich mich erst im Nachgang widmen konnte, da ich mindestens so aufgeregt war wie am Vortag.
Im Anschluss räumten alle zusammen auf und begaben sich zu einem gemeinsamen Essen in eine örtliche Gastronomie.
Beeindruckt von den erlebnisreichen Tagen machten wir uns wieder auf den Weg nach Cottbus. Mein herzlichster Dank gilt den mitgereisten Unterstützern Ronald und Peter, den Lehrern des Budo Studienkreises und meiner wunderbaren Familie.
Das Wochenhighlight zum Schluss: Eva und Christian suchten mit dem 05.10.18 einen tollen Termin für die Geburt ihres Sohnes Noah aus - herzliche Glückwünsche an die Großfamilie Lind!!
Viele Grüße
Sebastian Kochanke, 1. Dan
Zen Karate Cottbus e.V.